die mich dankbar machen
Nachdem ich in den letzten Monaten aus meinem Selbstmitleids-Sumpf heraus geschrieben habe, wird es nun Zeit für etwas anderes. Aus den Sumpf-Zeiten gibt es schon ein paar Entwürfe. Aber die sind gerade nicht dran, veröffentlicht zu werden. Schließlich sind da noch so viele gute, hoffnungsvolle Dinge in meinem Leben, von denen ich auch gerne erzählen möchte.
Ich habe mir Rituale angewöhnt, hoffnungsvoll und dankbar zu sein. Zumindest ist das das Ziel. Jeden Morgen schreibe ich mir auf, wofür ich Gott „danke!“ sagen will. Aber häufig kommt es vor, dass ich meine Rituale abarbeite, statt sie zu zelebrieren. Dadurch werden Hoffnung und Dankbarkeit leider im Keim erstickt.
Aber gestern ist endlich der Knoten geplatzt. Wir hatten Dienstbesprechung mit allen Gemeindepädagog*Innen und Dekanatsjugendreferent*innen und unserem Chef. Er hatte uns die Losung für den Tag mitgebracht, mit ein paar kurze Zeilen aus den „Losungen für junge Leute„. Dort stand ein Zitat von Don Bosco:
„Mache es wie der Vogel, der nicht aufhört zu singen,
auch wenn der Ast bricht.
Denn er weiß, dass er Flügel hat.“
Im Anschluss daran haben wir uns darüber unterhalten, was uns Hoffnung gibt. Da kamen wunderbare Sachen:
- Die Hoffnung, dass Gott uns verändern kann. Dass er Zerbrochenes heilen kann.
- Die Hoffnung, dass das Leben hier nicht alles ist; dass da noch was kommt.
- Die Hoffnung, dass Gott schon weiter sieht, wenn wir noch durchs Tal wandern.
- Die Hoffnung, dass er uns gebraucht, um anderen Menschen Gutes zu tun.
- Die Hoffnung, dass eine junge Generation nachkommt, die Gott liebt.
Ich nehme mir immer wieder vor, gute Momente und Erlebnisse wie Schätze in meinem Herzen zu bewahren. Ich möchte sie rauskramen in den Momenten, in denen ich schwarz sehe und in meinem Sumpf festhänge.
Vergiss nicht das Gute
In der Bibel kommt immer wieder die Aufforderung vor:
„Lobe den HERRN meine Seele und vergiss nicht das Gute, das er dir getan hat.“ (Psalm 103,2, Basisbibel)
Auch Studien belegen, dass Dankbarkeit uns gut tut. „Wer dankbar ist, (…) leidet weniger unter Angst, Ärger, Stress, Schlafstörungen, körperlichen Krankheitssymptomen und Depressionen.“ So fasst Anne Frobeen verschiedene Forschungsergebnisse zusammen. Warum also nicht mal gründlich überlegen, welche Gründe ich habe, dankbar zu sein? Und in dieser Liste will ich meine Klassiker wie „Paracetamol“ mal rauslassen, die mich neben der Dankbarkeit gleich auch daran erinnern, dass ein schmerzvoller Tag hinter mir liegt.
Los geht’s mit meinen 10 Gründen, dankbar zu sein:
1. Beim Konzert von Atara Worship…
wurde ich wieder neu bewegt durch die Musik und verschiedene Liedtexte. Ich wurde daran erinnert, dass Musik ein Kanal ist, in dem ich mich mit Gott verbinden kann. Indem ich ermutigt und gestärkt werde, bei dem ich Gott sagen kann, was mich gerade bewegt. Und vor allem, bei dem ich nicht bei mir selbst stehen bleibe, sondern die Perspektive ändere und all mein klein Klein dem großen Gott zu Füßen legen kann und merke: Er ist groß und ich kann ihm vertrauen, dass er mehr sieht, als ich.
2. Meinen Gemüsegarten…
habe ich dieses Jahr sehr vernachlässigt. Im Mai, als es Zeit gewesen wäre, viele Dinge zu tun, hatte ich anderes zu tun. Aber dennoch: Ich strahlte vor Glück, als ich zum ersten Mal Knoblauch erntete. Oder Kartoffeln. Oder Jede Menge Obst: Erdbeeren, Äpfel, Kirschen, Zwetschgen, Heidelbeeren, Himbeeren… und Gurken: jeden Tag eine. Außerdem hatten wir noch Zuckerschoten, Riesen-Mangold, ein paar Tomaten und Zucchini. Und darüber hinaus wurden wir von unseren Nachbarn mit Brombeeren, weiteren Äpfeln, Zwetschgen, Mirabellen, Trauben, noch mehr Gurken versorgt. Das Ernten hat mich immer wieder demütig gemacht: Natürlich wird der Ertrag besser, wenn man sich gut kümmert. Aber so viel ist dieses Jahr einfach gewachsen, ohne mein zutun. Ein paar Samen, die in die Erde gelegt wurden, haben für reiche Frucht gesorgt. Es waren Geschenke der Güte vom Schöpfer dieser Welt, die ich sehen, schmecken, riechen durfte.
3. Ich staune über die Natur:
- …Wie die Sonne abends meine Kinder anstrahlt, während sie am Segelfliegerhang Blumen pflücken.
- …Wie über Jahrmillionen Stalakmiten und Stalaktiten und Vorhänge und Maccaronis und Tröpfchen entstehen, funkeln, versteckt liegen, entdeckt werden und mir schließlich den Atem rauben.
- …Welche wunderschönen Farben und Formen Blüten annehmen können.
- …Wie vielfältig sich Natur in Bergen und Tälern, Meer und Dünen, Wäldern und Wiesen, Tieren und Pflanzen zeigt.
4. Das Lachen…
…Des Sohnes einer meiner Freundinnen klingt noch immer in meinen Ohren nach. Viel zu lang schon hatten wir uns nicht mehr als Familien getroffen. Und dann hatte ich so viel Freude mit ihm! Aus einem schüchternen Lächeln wurde ein Lachen, das unsere Körper erschüttern ließ und durch das ganze Haus hallte. Ach, wie schön.
5. Ein neuer Lebensabschnitt…
…hat begonnen. Innerhalb einer Woche ist unsere Tochter eingeschult worden und unser Sohn in die Kita gekommen. Beide sprechen fröhlich über ihre Vormittage. Das „Beste des Tages“ haben unsere Kinder in den letzten Tagen schnell gefunden. („Alles“ oder „nichts“ waren in den Ferien noch beliebte Antworten auf meine Frage gewesen, die ich jeden Abend vor dem Abendgebet stelle.)
Und mir eröffnen sich neue Freiheiten. Ein bisschen mehr Zeit zum Nachdenken und Arbeiten alleine. Ein bisschen mehr frische Luft, weil Kita und Schule leicht zu Fuß erreichbar sind.
6. Eine Arbeitsstelle….
…Mit wirklich guten Bedingungen. Ich darf meine Arbeitszeiten und -Themen an meine jetzige Familiensituation anpassen. Auch Kolleg*innen sind freundlich, aufmerksam, wohlwollend. Das ist alles andere als selbstverständlich. Ich darf ich sein. Ich darf meine Begrenzungen äußern. Es wird nicht über sie hinweggesehen.
7. Auch zehn Jahre…
…Nach unserer Hochzeit genieße ich es, Dinge mit meinem Mann zu unternehmen. Vielleicht mehr denn je. Besonders schön war es bei einem Konzert einer Freundin von uns. Und ich merke: Wir tun uns gut. Wir stehen füreinander ein. Wir sind sehr unterschiedlich, haben verschiedenste Stärken und Schwächen. Aber wir können darüber reden, sie füreinander einsetzen und sind zusammen besser (dran). Eine Kollegin, die ich heute erst kennengelernt habe, sagte anerkennend: „Dazu gehört auch ein toller Vater, ein toller Ehemann, der das mitträgt“. Sie meinte unsere Aufgaben in Familie und Beruf(en). „Das stimmt!“, kann ich da nur sagen.
8. Und weitere liebevolle Menschen….
…die für uns da sind. Die ein offenes Ohr für mich haben. Mit denen ich diesen Sommer Erlebnisse und Momente des Segens erleben durfte. Menschen, die mir Einblick in ihre Welten geschenkt haben. Die ehrlich sind, sich verletzlich zeigen und die Hoffnung nicht aufgeben. Menschen, mit denen ich Ängste und Träume teilen kann. Die mein verlorenes Kind suchen und Mut zusprechen.
Als ich gestern erfahren habe,…
…dass sich ein Ehepaar nach dem Lesen meines letzten Beitrags hingesetzt hat, und für mich gebetet hat, da hat es mich fast umgehauen. Wenn ich darüber nachdenke, kommen mir die Tränen. Wow. Ich will mir angewöhnen, in Momenten, in denen ich von den Erlebnissen einer anderen Person bewegt bin, mich auch hinzusetzen und zu beten.
9. Inspirationen finde ich…
… im andersLEBEN-Magazin. Es ermutigt mich immer wieder aufs Neue. Darin findet man/frau Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung, Impulse zum Leben und Glauben und Projekte, die die Welt verändern. Sehr zu empfehlen!
Außerdem holen mich Veronika Smoor und Sarah Keshtkaran immer wieder in meinem Alltag ab und schenken mir Perspektiven der Hoffnung. Schau mal bei den beiden rein! Ebenfalls neue Perspektiven finde ich bei Lina, die immer wieder Fotos aus interessanten Blickwinkeln macht und einen Blick für Farben und Formen hat, wie kaum jemand, den ich sonst kenne.
10. Einen Gottesdienst…
…haben wir letztes Wochenende, open air mit tausend Menschen 4km von unserem Haus entfernt, gefeiert. Es war so schön, gemeinsam mit Christen aus den unterschiedlichsten Kirchen/Gemeinden zu singen, zu beten und voneinander zu lernen. Zu sehen, dass uns viel mehr eint, als trennt, zeigt mir, dass da noch weites Land vor uns liegt. Dass wir viele sind, gibt mir Hoffnung. Dass wir gemeinsam Glaube, Hoffnung und Liebe in unsere Welt, in unsere Dörfer, unsere Stadt bringen können, daran will ich umso stärker glauben. Beeindruckt haben mich (mal wieder) die Lieder, aber auch die Gebete, die aus dem Herzen kamen. Dass es möglich ist, als unterschiedliche Denominationen und Generationen miteinander Gottesdienst zu feiern, liebe ich.
To be continued….
Und jetzt du:
Was macht dich dankbar? Was lässt dein Herz höher schlagen?
Schreib es gerne in die Kommentare!
Liebe Judith,
normalerweise finde ich kaum noch die Zeit zum Lesen. Umso schöner, dass dieser Text, dein Text, mir nicht entgangen ist.
Ich freue mich für dich und euch, dass die Kiddies ihren Weg gehen und ihr endlich wieder Zeit zu Zweit genießen könnt.
Bei mir ist es auch eher ein tägliches Abarbeiten von Sachen, die ich mir vornehmen muss. Danke für den Gedankenanstoß, ich will es auch gerne in meinen Alltag integrieren.
Ich fühle mich geehrt genannt zu werden 🙏und freue mich total, dass ich dich inspiriere. ♥️
Fühl dich gedrückt!
Lina
Liebe Lina,
danke für deinen lieben Kommentar! Ich drücke dich zurück und melde mich noch mal bei dir für eine offline-Umarmung 🙂
Gerade beim Thema Dankbarkeit und Augen-für-das-Schöne-um-mich-herum-Haben war mir klar, dass du dazu gehörst. Weil du Schönes wahrnimmst und mich sehen lässt. Und weil du einzelne Dinge zu Kunstwerken komponieren kannst.
Bis bald und liebe Grüße von
Judith <3