Im Urlaub haben wir etwas erlebt, das mein Mann als „vollkommen unwirtschaftlich“ bezeichnet hat, aber das mich nachdenklich gemacht hat.
Es war schon der dritte Tag über 20°C. Keine Wolken am Himmel. Der Schnee war selbst auf den Spitzen der hohen Berge deutlich weggeschmolzen. Unten im Tal war alles grün, bis auf wenige weiße Bänder, auf denen ein paar Skifahrer den Berg herunter fuhren. Bestes Wetter zum Fahrradfahren also.
„Noch nicht!“
Wir fragten beim Sportgeschäft nach, ob wir uns ein paar Räder ausleihen könnten. Der Verkäufer erklärte uns, dass momentan noch Skisaison sei (bis zum 18.04.) und dass so lange nur Skizubehör verliehen würde. Der Verleih von Fahrrädern und Zubehör sei erst ab dem 08.05. geplant, nach einer kurzen Umbau-Schließung. „Aber es ist doch so schönes Wetter, dass man doch viel lieber Fahrrad fahren würde, als Ski….“, warfen wir ein. Es gäbe nur ein Lager, dann müsse alles umgeräumt und sortiert werden und daher sei eine Umbau-Pause geplant, bevor die Mountainbikes in den Laden kämen, entgegnete der freundliche Verkäufer. Okay. Schade für uns.
So lange?
Ich rechnete kurz nach. Drei Wochen Umbaupause. Jetzt gerade wird der Laden nicht überrannt von Menschenmassen, sodass sicherlich schon das ein oder andere vorbereitet werden könnte. Naja, gut, ein bisschen Urlaub muss sicherlich auch sein, aber nach zwei Wochen könnte man doch dann wieder öffnen, wenn man die Zeiten gut nutzt, in denen wenig Betrieb ist. Und vorher könnte man doch auch schon das ein oder andere Fahrrad rüber holen? Es werden ja auch nicht mehr so viele Skier gebraucht….. So gingen meine Gedanken weiter. Aber dann stoppte ich: Irgendwie bewunderte ich auch diese Gelassenheit. „Es gibt Dinge zu tun. Um das ordentlich machen zu können, brauchen wir Zeit. Deswegen schließen wir. Auch, wenn ein Fahrrad für Sie gerade toll wäre, läuft das bei uns so. Punkt.“
Die Parabel vom Fischer und dem Touristen
Ich erinnerte mich an die Geschichte von dem Fischer, der auf einem Liegestuhl döst, als ein Tourist vorbeikommt. Dieser Mann versucht, ihn davon zu überzeugen, dass er doch die Zeit nutzen könnte, um seinen Betrieb zu erweitern, ein größeres Boot zu erwerben, Angestellte, mehr Fische, mehr Profit usw. „Und dann?“, fragt der Fischer, „Was nutzt mir das?“ Der Tourist erklärt: „Ja, dann brauchen Sie irgendwann gar nicht mehr viel machen, weil dann alles für Sie läuft und dann können Sie die Zeit und Ruhe genießen….“ „Aber ich ruhe mich doch gerade schon aus“, entgegnet der Fischer. (Hier findet ihr weitere Infos zu der Parabel und eine kritische Anmerkung dazu.)
Völlig unwirtschaftlich!?
Als ich mit meinem Mann über die Vorgehensweise des Ladens sprach und darüber, dass es wirtschaftlich sicherlich besser wäre, etwas effektiver zu arbeiten, da wurde mir der Schatz dessen, was wir da gerade erlebt hatten, bewusst: Ein Leben, in dem man sich Zeit für die Dinge, die einem anvertraut sind, nimmt, ist möglich. Es wird nicht jedem gefallen und vielleicht wird man damit auch nicht sonderlich reich, aber es ist ein möglicher Gegenentwurf zu meinem hektischen Leben, in dem ich fünf Dinge anfange, aber nur eins zu Ende bringe.
Zeit einplanen
Es ist möglich, Zeiten einzuplanen, um Dinge vor- und nachzubereiten. Mir persönlich fällt das schwer. Oft zählt in meinen Gedanken nur das, was „passiert“, was andere (bzw. vor allem ich selbst) sehen kann. So plane ich vor meinen Fortbildungstagen immer Zeit zur Planung ein, aber die Nachbereitung mache ich nur stiefmütterlich, weil neue Projekte warten. Oder: Mein Mann kann ein Lied von Körben mit Material für meine Gruppen erzählen, die im Flur stehen und darauf warten, endlich ausgeräumt zu werden. Für beides will ich mir in Zukunft Zeit für nehmen. Und wenn die nächste Feier ansteht: Dann will ich auch daran denken, mir Zeit zu nehmen, um alles wieder her zu richten und nicht mit der Erwartung daran gehen, dass das schon irgendwie nebenbei gehen wird. Und mich dann wundern, warum hier zu Hause alles im Chaos versinkt.
„Ganz gut“ ist genug
Und wenn dann nicht mehr alles gut und manches nur „ganz gut“ wird und nicht „ausgesprochen gut“, aber ich die Dinge ordentlich abschließen kann, dann wäre das trotzdem ein Gewinn, oder? Vielleicht würde das aber auch ein „nein“ für manches bedeuten, das ich bisher nebenbei mache. Vielleicht ist ein „nein“ aber manchmal auch möglich und noch dazu gar nicht so schlecht.
Wie ist das bei dir? Kennst du Chaos? Oder ist alles schön geordnet? Bist du eher der Fischer, oder der Tourist? Kannst du Zeiten der Ruhe genießen? Bist du besser im Dinge anfangen oder abschließen? Ich würde mich freuen, etwas davon zu hören!