Alles unter Kontrolle?!?

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Wie wäre es, wenn man sein Leben mit einem Controller steuern könnte? Vielleicht das ein oder andere mal zum letzten Speicher-Punkt zurückkehren und einen zweiten Versuch nehmen könnte? Oder mal kurz in die Vogelperspektive gehen, sich orientieren und dann weitermachen? Und wenn ich nicht genau weiß, wie ich weitermachen soll, einfach mal versuchen, in dem Wissen, dass ja alles nur ein Spiel ist und ich im Schlimmsten Fall neu starten muss?

Wenn ich solche Spiele spiele, dann habe ich nichts unter Kontrolle – ganz im Gegensatz zu meinem Mann, der (glaube ich) ganz gut ist in solchen Dingen. Aber wie ist das im echten Leben? Hast du da alles unter Kontrolle? Und was ist, wenn du das auf einmal nicht mehr hast?

„Du starker Kriegsheld!“

Es war einmal ein Mann, der Jüngste in seines Vaters Haus, aus der ärmsten Familie im ganzen Stamm. Doch: Dieser Mann war nicht dumm: Im Land herrschen Hungersnot und kriegsähnliche Zustände, aber er hatte seinen Weizen geerntet und wollte ihn schnell in Sicherheit bringen. Die Nachbarvölker kamen nämlich immer dann und überfielen sie, wenn das Getreide, Obst und Gemüse kurz vor der Ernte standen. Dieses Mal sollte es anders laufen.

Plötzlich ist da eine Gestalt: „Der HERR ist mit dir, du starker Kriegsheld!“ – „Wie meinst du das?“, antwortete er und irgendwie passt diese Frage. Essen verstecken sieht erstmal nicht sonderlich ruhmreich aus.Es ist ein Engel, der ihm da gegenübersteht. Und diese Anrede zeigt mir, dass Gott schon das sieht, was er aus uns machen kann, während wir noch ziemlich passiv sind.

Warum ich?

Wer hat schon erraten, um wen es hier geht? Vielleicht hast du seine Geschichte schon mal im Kindergottesdienst oder der Jungschar gehört. Es ist Gideon. Er wird hier berufen und das Gespräch mit dem Engel erinnert mich an das Gespräch, das Mose mit Gott am Dornbusch geführt hat: Warum denn ich? Ich komme aus keiner guten Familie, bin unbedeutend und jung. Außerdem habe ich ehrlich gesagt ein bisschen Angst vor dieser riesigen Aufgabe. Gib mir ein Zeichen, wenn du es wirklich ernst meinst!

Zeichen und Wunder

Gideon bringt dem Engel etwas zu Essen und statt es selbst zu essen, soll Gideon es auf einen Felsen legen. Als der Engel das Essen mit der Spitze seines Stabs berührt, geht es in Feuer auf. Das Feuer verzehrt Fleisch und Brot und auch der Engel ist auf einmal verschwunden.

In der Nacht kommt der erste Auftrag: Der Altar des Götzen Baal soll zerstört werden. Gideon nimmt sich ein paar Leute mit und macht, was Gott ihm aufträgt. Diese Aktion ist ein Statement: Ich handle mit der Vollmacht Gottes und nicht im Auftrag Baals.

Dann kommt es zum Krieg. Gideon wird vom Heiligen Geist erfüllt, er ruft die Truppen zusammen. Sie kommen. Und dann passiert etwas, das mich sehr nachdenklich gemacht hat: Gideon spricht mit Gott: „Willst du Israel wirklich durch mich retten, wie du es gesagt hast?“ Und dann lässt er sich ein Zeichen geben und danach noch eins – zur Sicherheit.Gott gibt ihm diese Zeichen. Zuerst soll nur die Schafwolle am Morgen nass sein und alles drum herum trocken. Gideon steht auf, guckt draußen nach und: tatsächlich. Es ist genau so gekommen. Ein ganzes Glas voll Wasser kann er aus der Schafwolle auspressen und alles drum herum ist trocken.

Zweifel

Ach gut, dann könnte Gideon ja jetzt starten, oder? Nee, Gideon ist immernoch unsicher. Es könnte ja auch Zufall sein, oder? Vielleicht einfach eine Einbildung? Gott kann doch Israel nicht wirklich durch MICH retten wollen?! Also noch ein Versuch: „Sei mir bitte nicht böse, wenn ich nochmals davon anfange. Lass es mich umgekehrt mit der Schafwolle versuchen: Die Schafwolle allein soll trocken sein, aber der Boden drum herum ganz nass.“ Diese Verse stehen so wortwörtlich in der Bibel (natürlich auf griechisch, ich habe mir die BasisBibel-Übersetzung genommen ;)).

Also wenn ich meinen Kindern einen Auftrag gebe, der schwer für sie ist, ich ihnen aber helfe, ihn auszuführen, dann würde ich aber spätestens jetzt etwas gereizt antworten: BITTE erledige jetzt deine Aufgabe. Ich habe dir schon vor Wochen gesagt, dass du das machen sollst und, dass ich dir helfe. Dann habe ich dir gezeigt, dass ich Dinge tun kann, die für dich unmöglich sind. Dann habe ich dir noch ein Zeichen gegeben und jetzt bist du dir immer noch unsicher? Aber Gott ist Gott und nicht Judith, also passiert folgendes: „ Auch dafür sorgte Gott in der Nacht. Die Schafwolle allein blieb trocken, aber der Boden drum herum war nass“ (Richter 6,40).

Mich beeindruckt es, dass Gott auf unsere Schwächen eingeht, dass es ihm nicht egal ist, wie es uns geht. Das wird auch an einer anderen Stelle etwas später sehr deutlich….

Alles unter Kontrolle?

…Als es zum Kampf kommt, soll Gideon mit nur 300 Mann kämpfen. Alles unter Kontrolle? Bei Gideon jedenfalls nicht mehr. Und das ist auch genau das, was Gott von ihm möchte. Es soll für alle klar sein: Ich, Gott, bin hier am Werk. Ich schenke den Sieg. Und Gideon? Der hat Angst, richtig große Angst. 300 Leute gegen so viele. Und Gott? Er weiß es. Er kennt Gideon durch und durch und auch den kleinen Angsthasen, der in Gideon steckt. Statt zu sagen: Stell dich mal nicht so an, ich hab dir die Feuershow gezeigt und zweimal das nass-trocken-Spielchen mitgemacht, jetzt kannst du mir ruhig mal vertrauen! Statt das zu sagen, sagt er etwas ganz anderes:

 9 In jener Nacht sagte der Herr zu Gideon: »Steh auf! Steig hinab zum Lager der Midianiter, denn ich schenke dir den Sieg über sie! 10 Wenn du jedoch Angst hast sie anzugreifen, dann geh mit deinem Knecht Pura ins Lager hinunter. 11 Belausche, was die Midianiter sagen, dann wirst du Mut fassen und mit leichterem Herzen angreifen.«

Also nahm Gideon Pura und schlich mit ihm zusammen hinunter zu den Wachen des feindlichen Lagers. 12 Die Heere von Midian, Amalek und den Völkern des Ostens hatten sich so zahlreich wie ein Schwarm Heuschrecken im Tal niedergelassen. Ihre Kamele waren zahllos wie die Sandkörner am Meer.

13 Gideon schlich sich an, als ein Mann seinem Kameraden gerade einen Traum erzählte. Der Mann sagte: »Ich habe geträumt, dass ein Laib Gerstenbrot ins midianitische Lager rollte. Er traf ein Zelt und warf es um, sodass es völlig zerstört dalag!« 14 Sein Kamerad antwortete: »Dein Traum kann nur eines bedeuten: Gott hat Gideon, dem Sohn von Joasch, dem Israeliten, den Sieg über Midian und die verbündeten Heere gegeben!«

15 Als Gideon den Traum und seine Deutung hörte, warf er sich vor Gott nieder und dankte ihm. Dann kehrte er ins israelitische Lager zurück und rief: »Steht auf! Der Herr hat euch den Sieg über die Midianiter geschenkt!«

Bibel, Richter 7,9-15 (BasisBibel)

Ich glaube, Gott bringt Menschen, die er gebrauchen möchte, in den Kontrollverlust. Ich glaube, dass Gott uns Aufgaben unter Bedingungen gibt, die aussehen, als ob sie nicht zu bewältigen wären. Damit meine ich nicht, dass Menschen immer wieder über ihre Kräfte arbeiten sollen, ohne Pause. Ich meine, dass es immer wieder vorkommt, dass wir Aufgaben bekommen, die zu menschlich gesehen unmöglich sind. Aufgaben, wie die von Gideon, bei denen jeder merkt: 300 Mann sind zu wenig für ein Heer, so groß wie ein Heuschreckenschwarm. Wären die 32000 (so viele waren es am Anfang) geblieben, hätten alle gedacht: „Boah, wir waren ein großes Heer und haben es ihnen voll gezeigt!“ Mit 300 Leuten hingegen ist klar: Hier war Gott am Werk.

Wenn Gott dich gebraucht, dann wird es auch Situationen geben, in denen du keine Kontrolle mehr hast. Das ist auch in der Bibel immer und immer wieder so. Vielleicht kommen dir Herausforderungen wie große Berge vor. Was wir aber wissen können, ist, dass Gott alles unter Kontrolle hat. Und er kennt unsere Ängste und Sorgen und wir können sie ihm sagen. Ja, ich glaube, wir dürfen Gott sogar um Zeichen bitten in Situationen, in denen wir nicht mehr weiter wissen und nur noch das Vertrauen in Gott bleibt.

Kontrollverlust bei mir

Die meisten Christen erleben solche Kontrollverlust-Sachen – auch ich. Bei mir war es schon seit ich mich erinnern kann so, dass ich Magenprobleme bekommen habe, wenn ich Stress hatte. Ich habe das lange übergangen, weil es nicht so tragisch war. Vor ungefähr 5 Jahren hatte ich innerhalb von 4 Monaten sieben mal „Magen-Darm-Grippe“. Es kam total plötzlich. Einmal hatte ich gerade alles für den Teenkreis aufgebaut und dann überkamen mich Krämpfe usw. Ich musste den Teentreff absagen und war auch am darauf folgenden Tag so schlapp, dass ich eigentlich nur lag. Das war der Zeitpunkt, mal zum Arzt zu gehen. Kurz darauf wurde alles genau untersucht und nichts gefunden. Irgendwie hatte ich gehofft, dass da etwas kleines wäre, dass man wegoperieren könnte und dass danach wieder alles ok wäre. Aber so war das nicht.

Gebet um Heilung

Ein Arbeitskollege sagte ein paar Monate später zu mir: „Komm, wir beten für dich, dass das aufhört. Du brauchst doch die Kraft für dich, deine Familie und deinen Dienst hier in der Gemeinde.“ Ihr könnt euch bestimmt vorstellen: Ich hatte gebetet, sehr viel und ich wollte auch, dass es aufhörte. Aber das Ganze ging mittlerweile schon ein Jahr lang so.

Bei diesem gemeinsamen Gebet hatte ich auf einmal den Gedanken: Was, wenn mir dieses plötzliche Ausgeliefert-sein immer wieder aufs Neue sagen soll: Judith, du hast keine Kontrolle über dein Leben. Gib mir die Kontrolle. Ich will durch dich wirken, aber die Kraft dafür soll nicht aus dir kommen, sondern du sollst immer wissen, dass ich, Gott dir die Kraft gebe. Und du musst auch Pausen machen. Du bist keine Maschine. Es ist okay, Dinge zu genießen und dir auch Zeit zu nehmen für dich, für Ruhe. Du findest mich am besten in der Stille und nicht dann, wenn du so beschäftigt bist. Wenn du für die Menschen da sein möchtest, dann brauchst du Energie, Energie, die du erstmal tanken musst, immer und immer und immer wieder.

Diese Gedanken sind 4 Jahre alt und noch immer bin ich am lernen. Es kommt immer wieder vor, dass ich mir zu viel vornehme, am Sonntag denke, „ach, du kannst doch auch noch kurz xyz machen/dich um xyz kümmern“ und dann einfach weiter und weiter mache, bis mein Körper sagt: Stopp, das war zu viel.

Ich weiß, dass Gott mich gebrauchen will, dass er auch möchte, dass ich in der Gemeinde arbeite und Menschen dabei begleite, ihm näher zu kommen und Jesus nachzufolgen. Ich weiß, dass er möchte, dass ich mich gut um meine Familie kümmere. Aber er erinnert mich immer wieder: Ich habe mein Leben nicht unter Kontrolle. Gott hat die Kontrolle und er meint es gut mit mir, auch, wenn da Schmerzen sind und abgesagte Termine und Tage, an denen ich langsam machen muss.

Perspektivwechsel

Paulus hatte auch irgendetwas, das ihn immer wieder belastete. Manche denken, es waren vielleicht Migräne-Schübe, würde er heute leben, könnte es Long-Covid sein, ich persönlich denke immer, es waren Magen-Krämpfe, wie bei mir. Er schreibt im Korinther-Brief:

„Aber damit ich mir nichts darauf einbilde, ließ Gott meinen Körper mit einem Stachel durchbohren. Ein Engel des Satans darf mich mit Fäusten schlagen, damit ich nicht überheblich werde. 8Dreimal habe ich deswegen zum Herrn gebetet, dass er ihn wegnimmt. 9Aber der Herr hat zu mir gesagt:»Du brauchst nicht mehr als meine Gnade.Denn meine Kraft kommt gerade in der Schwäche voll zur Geltung.« Ich will also gern stolz auf meine Schwäche sein. Dann kann sich an mir die Kraft von Christus zeigen. 10Deshalb freue ich mich über meine Schwäche –über Misshandlung, Not, Verfolgung und Verzweiflung. Ich erleide das alles gern wegen Christus. Denn nur wenn ich schwach bin, bin ich wirklich stark.“

Bibel, 2. Korinther 12 (BasisBibel)

Die rote Ampel

Von Samuel aus unserem Jugendkreis habe ich einen tollen Vergleich gelernt (den hat er bei einem Bibelleseplan über YouVersion von Deborah Rosenkranz gelesen): Mit den Kontrollverlust-Momenten in unserem Leben ist es wie mit roten Ampeln. Sie scheinen uns aufzuhalten und sie sind manchmal richtig nervig. Wir hätten lieber grüne Ampeln oder sogar grüne Wellen. Aber die roten Ampeln dienen unserem Schutz, sorgen dafür, dass der Verkehr gut fließen kann, ohne, dass ein Auto gegen das andere fährt. So können auch die roten Ampeln unseres Lebens dafür sorgen, dass wir zwar kurz „anhalten“ müssen, aber dann umso besser weiterfahren können und dann vielleicht sogar in eine grüne Welle hinein kommen.

Und jetzt?

Zum Schluss möchte ich dich ermutigen, dass du dich nicht einfach einigelst und selbst bemitleidest, wenn dir Dinge entgleisen oder du mit deinem Leben, deinen Aufgaben nicht mehr klar kommst. Probier doch stattdessen mal folgendes aus:

1. Bibel lesen

Lies in der Bibel. Du kannst dich über die You-Version-App auch mit anderen zusammentun und Bibellesepläne gemeinsam lesen. Viele Dinge und Gedanken, die mir gut tun, die mich weiter gebracht haben, an dunklen Tagen, habe ich als Zusagen Gottes in der Bibel gefunden. Außerdem ist sie voll von Geschichten wie der von Gideon, von Versagern, die Gott zu Helden gemacht hat. Das kann uns Mut geben und ich bin überzeugt davon, dass Gott die Bibel nimmt, um zu uns in unsere Situationen zu sprechen. Das funktioniert aber leider nicht, wenn wir nicht darin lesen…..

2. Musik hören

Wenn deine Gedanken in der Abwärtsspirale sind, dann versuch doch mal, christliche Lieder zu hören und vielleicht mitzusingen. Dadurch wird vielleicht dein Blick weg von dir gelenkt und auf Gott, der größer ist und die Welt in seinen Händen hält.

Stephanie Hofschläger / pixelio.de

3. Gemeinschaft leben

Und dann etwas, das mir sehr wichtig geworden ist: Du brauchst deine Schwächen nicht vor anderen zu verstecken. Wir sind alle Menschen. Sogar als Christen. Wenn wir ehrlich fragen und antworten, wie es uns geht, dann kann uns das weiter bringen. Dann können wir als Gemeinschaft miteinander wachsen, füreinander beten, uns ermutigen und gemeinsam fragen, was Gott in dieser Situation will.

Ich habe im letzten Jahr immer wieder erlebt, wie ich nach dem Beten auf einmal den Eindruck hatte, dass ich jemandem etwas sagen oder ein Lied schicken sollte. Aber ich hätte nicht speziell für die Leute gebetet, wenn ich nicht gewusst hätte, dass da gerade etwas nicht so super ist. Probier das mal aus, bete für jemanden und dann horch hin, ob du vielleicht eine Botschaft hast für ihn/sie, ob du vielleicht ganz praktisch irgendwas helfen kannst (manchmal bewirkt schon ein kleiner Besuch Wunder!). Und auch anders herum: Du musst keine Plakate mit deinen Problemen an die Hauswand hängen, aber wenn du gefragt wirst, dann antworte doch ehrlich, wie es dir tatsächlich gerade geht.

Erzähl doch mal!

Wie ist das bei dir? Hast du auch manchmal solche Kontrollverlust-Momente? Schreib doch gerne mal in die Kommentare, wie das bei dir ist und was du dagegen tust!

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